SOZIAL. ÖKOLOGISCH

SPD HOFGEISMAR

Resolution der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Hofgeismar

Veröffentlicht am 18.05.2021 in Presse

Resolution der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Hofgeismar

zum geplanten Bereitstellungslager

für schwach- und mittelradioaktive Abfälle in Würgassen

 

Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Hofgeismar beschließt die nachfolgende Resolution zu den Planungen zur Errichtung eines zentralen Bereitstellungslagers für schwach-und mittelradioaktive Abfälle in Würgassen:

1. Wir sind von der Art und Weise, wie mit uns als gewählte Vertreter/innen der in unserer Stadt lebenden Menschen umgegangen wird, entsetzt. Die absolut ungenügende Informationspolitik der Bundesregierung und der von ihr beauftragten Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) ist nicht hinnehmbar. Die Sorgen und Nöte der Mitbürgerinnen und Mitbürger unserer Region sowie der örtlichen Behörden und Räte müssen endlich ernst genommen werden. Deshalb fordern wir Gespräche auf Augenhöhe mit der Bundesregierung.

2. Wir fordern die BGZ auf, transparent und nachvollziehbar den Bürgerinnen und Bürgern die Entscheidungsfindung zu erläutern. Sobald wie möglich ist zu einer öffentlichen Bürgerversammlung einzuladen.

3. Die Entscheidungsfindung für den Standort Würgassen ist in keiner Weise nachvollziehbar. Die angelegten Kriterien sind von einer unabhängigen Stelle zu überprüfen und zu bewerten. Dieses sollte nach Auffassung der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Hofgeismar durch den Umweltausschuss des Bundestages geschehen. Daher fordern wir, dass der laufende Prozess abgebrochen wird und der Umweltausschuss die Kriterien in einem transparenten Verfahren mit den Trägern öffentlicher Belange festlegt.

4. Das ehemalige Kernkraftwerk Würgassen befindet sich zwar auf dem Gebiet der Stadt Beverungen (NRW), doch die Bedeutung des geplanten zentralen Bereitstellungslagers geht deutlich über deren Stadtgebiet hinaus. Deshalb sind länderübergreifend alle betroffenen Anrainerkommunen und -kreise auch in Niedersachsen und Hessen sowie die dortigen gewählten Vertreter/innen in alle Planungen und Entscheidungen sowie die notwendigen Genehmigungsverfahren mit einzubeziehen.

5. Die hier lebenden Menschen im Dreiländereck sind in großer Sorge, dass gesundheitliche Gefahren von den angelieferten Gütern ausgehen werden. Es ist daher transparent darzustellen, welche Güter angeliefert werden und wie diese verarbeitet werden sollen. Vor einer endgültigen Entscheidung für einen Standort sind mit Hilfe wissenschaftlicher Untersuchungen die von der Anlieferung und Verarbeitung zu erwartenden Gefahren darzustellen.

6. Die vorhandene Infrastruktur ist für das Vorhaben bei weitem nicht ausreichend. Sowohl eine Andienung über die Straße als auch über die Bahn ist zurzeit überhaupt nicht gewährleistet. Hinsichtlich der Anbindung über das Straßennetz bleibt festzustellen, dass die Transporte zum und vom geplanten Bereitstellungslager zwingend durch bewohnte Ortschaften mit unmittelbarer Bebauung der Bundesstraßen führen müssten, da es keine weiträumigen Ortsumgehungen gibt. Dieses stellt ein unkalkulierbares Risiko dar, das bei der Auswahlentscheidung bewertet werden muss.

7. Die Stadt Hofgeismar liegt – wie der Standort Würgassen – inmitten des Weserberglandes. In der Stadt Hofgeismar und der gesamten Region wurde und wird aktuell verstärkt in den Tourismus investiert. In unmittelbarer Nachbarschaft ist im größten zusammenhängenden Waldgebiet Hessens, dem Reinhardswald, ein neuer Naturpark entstanden, in Niedersachsen schließt sich der Naturpark Solling-Vogler an. In unmittelbarer Nähe des geplanten Standortes verläuft mit dem Weserradweg der beliebteste Radweg Deutschlands, der ebenfalls in unmittelbarer Nähe verlaufende länderübergreifende Diemeltaler Schmetterlingssteig wird sehr stark frequentiert. Viele weitere touristische Ziele und Bemühungen ließen sich hier für unsere Region aufführen. Wir haben die große Sorge, dass mit einer Standortentscheidung für Würgassen all diese Bemühungen zur Stärkung des Tourismus und damit der Region zunichtegemacht werden.

8. Wir sind eine strukturschwache Region, die für die Schaffung jedes zusätzlichen Arbeitsplatzes normalerweise dankbar ist und sich über zusätzliche Steuereinahmen freut. Wir haben aber die Befürchtung, dass wir mit Bau und Inbetriebnahme des zentralen Bereitstellungslagers Arbeitsplätze im Tourismus verlieren und zudem – wie bereits angekündigt – Menschen unsere Region verlassen werden.

9. Wir haben große Sorge, dass entgegen anders lautendender Beteuerungen Würgassen zu einem Endlager für Atommüll werden könnte. Denn was geschieht mit diesem „Logistikzentrum“, wenn Schacht Konrad nicht rechtzeitig fertiggestellt wird bzw. aus welchen Gründen auch immer, gar nicht in Betrieb genommen wird? Der Bestand der derzeitigen Genehmigung, die angeblich veraltet ist und nach heutigen Gesichtspunkten so nicht mehr erteilt würde, wird von vielen Kritikern angezweifelt. Das ist eine zentrale Frage, die von der Bundesregierung beantwortet werden muss. Wir fordern hier Sicherheiten, dass genau das nicht geschieht.

10. Wir befürchten, dass durch einen Flugzeugabsturz in das geplante Zwischenlager Gebäude und Lagerbehälter zerstört werden und unkontrolliert Strahlung in die Umgebung entweichen kann. Würgassen befindet sich in einem militärischen Flugbereich, in dem Tiefflüge erlaubt sind. Nur wenige Kilometer von Würgassen entfernt stürzte im Juli 1978 ein britischer Kampfjet ab. Zudem kreuzen sich in dem Luftraum über Würgassen mehrere zivile Flugrouten.

11. Bevor weitere Schritte in der Planung und Umsetzung des zentralen Bereitstellungslagers unternommen werden, fordern wir die Überprüfung der Standortentscheidung. Bis dahin sind alle genehmigungsrechtlichen Schritte zu unterlassen und zu stoppen. Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Hofgeismar lehnt die Errichtung eines zentralen Bereitstellungslagers für schwach- und mittelradioaktiven Atommüll am Standort des ehemaligen Kernkraftwerkes Würgassen ab.

 

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